Die aus Salzburg stammende Musikerin will den politisch vereinnahmten Heimatbegriff neu besetzen – mit tanzbarem Groove, verzerrtem Hackbrett, systemkritischen Parolen und ihrem neuen Album "Soiz", das am 3. Oktober erscheinen wird.
Zwischen Großstadt und Land, Festzelt und Jazzclub, Trachtenblusen und Harlekin-Strumpfhosen: Die 26-jährige Anna Buchegger, unter anderem „Starmania“-Siegerin 2021, ist überall daheim und bricht dabei mit Klischees und alten Heimatbildern. Sie steht für eine neue, selbstbewusste künstlerische Generation, die Herkunft und Tradition nicht als Ballast versteht, sondern als reizvolle Grundlage, um sich kreativ auszutoben, und das höchst erfolgreich. Am 3. Oktober erscheint Anna Bucheggers zweites Album "Soiz". Darauf schafft sie sich eine eigene musikalische Welt: einen Ort, an dem alpenländische Klänge auf Pop, Jazz und elektronische Texturen treffen. Bereits mit ihrem Debüt "Windschatten" hat sie gezeigt, dass man Folklore und Moderne zusammendenken kann – ganz ohne politischen Mief oder bürgerliche Engstirnigkeit. "Soiz" geht diesen Weg konsequent weiter. Anna Buchegger erzählt darauf von einer Heimat, die man gleichzeitig lieben, kritisieren und auch neu gestalten darf. Und davon, wie laut und schön Widerspruch klingen kann.
Politik und Kunst miteinander verbinden
Auch auf ihrem neuen Album lässt sie ihre Kunstfigur, in der doch auch ganz viel Anna Buchegger steckt, für sich sprechen: „Ich glaube, dass Kunst und Politik unvermeidlich verbunden sind, weil die Kunst ja immer gesellschaftliche Veränderungen, Entwicklungen widerspiegelt und für viele ein Medium ist, um individuellen Befindlichkeiten Ausdruck zu verschaffen", sagt sie über ihre politische Positionierung. Die in Wien lebende Salzburgerin wünscht sich ein solidarisches Miteinander, „in dem man einander gegenseitig mehr zuhört und keine Scheu vor Meinungsverschiedenheiten und möglichen Konfrontationen hat“. Als Teil der Kunst- und Kulturwirtschaft liegt ihr diese am Herzen. „Ich möchte sie mitgestalten, weil ich fest davon überzeugt bin, dass sie eine enorme gesellschaftliche Relevanz hat“, betont die Gewinnerin des Hubert von Goisern Kultur Preises 2024, die nicht nur mit dessen Namensgeber auf Straßenmusiktour gegangen ist, sondern auch ihr erstes Album "Windschatten" mit einem Konzert im renommierten Wiener Konzerthaus präsentiert und die Mundartband Granada sowie Ina Regen auf Tour begleitet hat. Auch medial erzielte Anna Buchegger bereits mit ihrem Erstling besondere Aufmerksamkeit in Deutschland, durch große Portraits unter anderem in der Süddeutschen Zeitung, im ZDF „heute Journal“ und auf ARTE.
Den Heimatbegriff immer weiterentwickeln
Dreh- und Angelpunkt ist für Anna Buchegger dabei der Begriff „Heimat“, der ebenso wie eine diskriminierungsfreie Sprache einem steten Wandel unterworfen ist. Heimat ist für sie keine Selbstverständlichkeit und etwas Positives: „Heimat ist etwas, das nicht einfach statisch ist. Man muss dieses Konzept immer weiterentwickeln, Heimat ist ein Prozess. Das hat mit Wertschätzung und Allgemeinwohl zu tun.“ Genauso wie man bestimmte Begriffe immer wieder neu bewerten muss.
Anna Buchegger kann man fast schon als Expertin auf diesem Gebiet bezeichnen, schließlich hat sie dieses Thema nicht nur ausgiebig musikalisch bearbeitet, sondern auch wissenschaftlich in ihrem Masterstudium in Contemporary Arts Practice dazu geforscht. „Der Begriff ‚Heimat‘ gewinnt besonders in Zeiten schneller Veränderungen und Entwicklungen an Bedeutung. In solchen Situationen wird häufig versucht, Heimat zu bewahren oder sich von anderen abzugrenzen. ‚Heimat‘ steht zugleich für Gemeinschaft und Abgrenzung – ein Spannungsfeld, das dazu führt, dass sich zunehmend mehr Menschen heimatlos fühlen.“
Bewusst die eigene Sprache weitergeben
Heimat hat natürlich auch viel mit der Sprache zu tun, die man spricht – oder eben nicht. Deshalb findet Anna Buchegger es schön, wenn die eigene Sprache – und speziell der Dialekt – wertgeschätzt und weitergegeben wird. Auch deshalb singt sie selbst im Dialekt. „Da gibt es so schöne Vokale, einen Vibe und einen Klang, den es im Standarddeutsch auf eine andere Weise gibt. Es sind ja fast zwei unterschiedliche Sprachen“, stellt die Salzburgerin fest. Und ihre Konzerte bei den deutschen Nachbarn sind der beste Beweis dafür, dass Dialekt keine engen Grenzen setzen muss. „Sprache ist vor allem dafür da, dass man sich austauscht und einander versteht“, sagt sie. „Sprache ist ja irgendwie auch ein bisserl Musik, sie bringt Rhythmen und Melodien mit sich. Das ist schon etwas, wovon Kunst extrem profitieren kann. Und ein Dialekt kann damit auch super konserviert werden. Gerade in der Kunst kann man auch die Sprache weitergeben, die man vielleicht nicht so gut versteht, wo man vielleicht zweimal hinhören muss.“
Anna und Maria – zwei ungezähmte Frauen und eine Trapp-Referenz
Mehrmals hinhören lohnt sich jedenfalls bei Anna Buchegger, zu deren neuem Album "Soiz" soeben die erste Single veröffentlicht wurde: "Maria" ist eine humorvolle, temperamentvolle Hommage an Maria von Trapp – genau 60 Jahre nach dem berühmten US-Spielfilm "The Sound of Music" über die Familie Trapp. Anna Buchegger zeichnet in ihrem Song musikalisch und visuell eine ungezähmte Frauenfigur mit Eigensinn und Haltung. Das alpenidyllische Klischee rund um "Sound of Music" bekommt bei ihr durchaus seinen Raum, denn: „Das Beste an Klischees ist, wenn sie aufgebrochen werden können.” Das tut die Sängerin mit ihrem breiten Salzburger Dialekt, ironischen Sounds und treibendem Uptempo-Beat. „Dadurch wird die Alpen-Idylle trashy“, stellt sie fest.
Dialekt, Selbstironie und avantgardistischer Wagemut
"Maria" ist ein erster Vorgeschmack auf die künstlerische und politische Linie von "Soiz" – ein Album mit noch mehr Klarheit, Widerstand und stilistischem Mut. Der Sound ist markant, direkt und unverfälscht, der Ton schärfer, der Blick kompromisslos. Hier geht eine höchst spannende, junge Musikerin mit Dialekt, Selbstironie und avantgardistischem Wagemut ans Werk, deren Kunstfigur zwischen Couture und Tracht zum Spiegelbild und Sprachrohr einer ganzen Generation wird, die ihre Wurzeln nicht nur tradiert, sondern kritisch hinterfragt und Neues daraus entwickelt.
Weitere Infos:
annabuchegger.com
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Anna Buchegger - matches music
Fotos © Anna Hadaier